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Das Leineschaf: Hintergrund-Infos zur Zuchtgeschichte

Entstehung der Rasse

Bei dem Leineschaf handelt es sich um eine Landschafrasse, die vermutlich auf das „Rheinisches Schaf“ im 19. Jahrhundert zurückzuführen ist. Es gehörte zu den robusten und anspruchslosen Landrasseschlägen. Seit 1906 existierte mit Unterstützung der Landwirtschaftskammer Hannover ein einheitliches Zuchtziel. Für eine kontinuierliche Zucht der Leineschafe wurden damals Elite- bzw. Stammherden insbesondere im südniedersächsischen Raum eingerichtet. Das Zuchtgebiet lag flächendeckend entlang der Hügel des Leineflusses – von dem der Rassename stammt - vom thüringischen Eichsfeld über Göttingen bis Hannover (siehe Grafik). Hier beweideten die Herden der Guts- und Genossenschaftsschäfereien die hängigen Hutungen, die Wegränder und die Stoppelfelder der Ackerbaugebiete. Bis 1937 hatte sich die Population des Leineschafes in seinem Verbreitungsgebiet bis auf etwa 70.000 Tiere vergrößert.

Bild rechts: Leinebock Herodes 77 von H. Hille 1927, Beienrode, Bauernschäferei im Landkreis Göttingen

Leinebock Herodes 77 von H. Hille 1927, Beienrode

Rückgang der Schafhaltung in Deutschland

Nach dem 2. Weltkrieg setzte ein starker Wandel in der Schafzucht ein. Die Intensivierung der Landwirtschaft mit dem zunehmenden Einsatz von Mineraldünger und dem gleichzeitigen Verfall der Wollpreise machten die Schafhaltung zunehmend unattraktiv. Dies führte in den Dörfern zu einer beschleunigten Aufgabe der Guts- und Genossenschaftsherden in deren Folge die Schafbestände rasant abnahmen.

In die verbliebenen Leineschafherden wurden seit Anfang der 1960-ziger Jahre in Westdeutschland Fleischschafe (Texel- und Schwarzkopf-) eingekreuzt zur Verbesserung der Schlachtkörper der Tiere. Das Leineschaf in seiner damaligen Form war nicht überlebensfähig. Innerhalb kürzester Zeit setzte eine bedrohliche Verdrängungskreuzung ein. Aus diesem Grunde erstellten 1967 die Tierzucht der Universität Göttingen und der Landesschafzucht-verband Niedersachsen ein neues Zuchtprogramm zur Verbesserung der Leistungen des Leineschafes. Kombinationskreuzungen bis Ende der 1970-ziger mit den fleischreicheren Texelschafen und den fruchtbareren und milchergiebigeren Ostfriesischen Milchschafen führten zu einem neuen schwereren Typ des Leineschafes in Niedersachsen, welches seit 1979 vom Verband der Dt. Landesschafzuchtverbände VDL als Fleischschaf bis ins Jahr 2016 geführt wurde untern dem Rasseschlüssel 10.

 

Wilhelm Carl mit Herde 1949, Dorfschäferei Gelliehausen im LK Göttingen

Wilhelm Carl mit Herde 1949, Dorfschäferei Gelliehausen im LK Göttingen

Aussterben der Landrassen in der DDR

Im Ostdeutschen Bezirk Erfurt der früheren Deutschen Demokratischen Republik, zu dem auch das Obereichsfeld gehörte, gab es 1960 noch 33.000 Leineschafe. Wegen zu geringer Woll- und Fleischleistung und administrativen Vorgaben der SED-Zuchtleitungen zur Haltung von wirtschaftlicheren Merinorassen in den neu geschaffenen Tierzuchtkombinaten der DDR ging die Nachfrage nach Leineschafen innerhalb der 1960-ziger Jahre rapide zurück. Nur ein sehr kleiner Restbestand von nicht mehr reinrassigen Leineschafen überlebte im Erfurter Zoo. Frau Heide-Rose Thulke und der NABU Leipzig sorgten dafür, dass diese Tiere (1 Bock + 12 Muttern) 1992 zur Beweidung geschützter Biotope in Sachsen in Pension genommen wurden. Mit ihnen startete eine neue Leineschafzucht in Ostdeutschland. Zur Reproduktion verhalfen weitere Zuchttiere aus dem, bis 2002 noch in Polen vorhandenen, Leineschafbestand einer staatlichen Zuchtherde in Cerkwica.

Leineschaf-Stammzucht in Cerkwica bei Stettin PL, 1985

Überlebt hinterm ‚Eisernen Vorhang’ in Polen & Rückimporte nach Deutschland

Aufgrund von Kriegsreparationszahlungen an Polen wurden in den 1950-ziger Jahren etwa 1500 Leineschafe aus Südniedersachsen nach Polen verbracht. Diese wurden dort in stattlichen Zuchtbetrieben erhalten und dienten der Verbesserung der Landeszucht.
1992 waren im verbliebenen Zuchtbetrieb Cerkwica bei Stettin noch 2000 Mutterschafe der ‚Rasa Leine’ im Zuchtbuch eingetragen. Diese Herde schrumpfte in der Umbruchphase des Ostblocks jedoch rapide, so dass 10 Jahre später keine Tiere mehr vorhanden waren.

Dr. Schmidt, damaliger Zuchtleiter beim Landesschafzuchtverband Niedersachsen und einige Züchter aus dem Bezirk Lüneburg (u.a. Alfred Jahns, Rippdorf) suchten 1987 aus der polnischen Herde in Cerkwica sechs Lammböcke aus, die in der Folge der züchterischen Konsolidierung der Rasse bei den Hannoverschen Leineschafen dienten.Einige Jahre später, Anfang der 1990-ziger Jahre, stellte Dr. Hans-Georg Thulke von der Universität Leipzig für die Zuchtverbände Sachsen und Thüringen die Kontakte zu dem polnischen Zuchtbetrieb in Cerkwica her, in derer Folge

erreichten mehrere Rückimporte aus diesem Zuchtbetrieb in der Zeit von 1993 bis 1999 Ostdeutschland, insgesamt etwa 35 Zuchtböcke und 70 weibliche Jungschafe, die der Begründung von Leineschafzuchten im ursprünglichen Landrasse-Typ in den jeweiligen ostdeutschen Ländern dienten. Aufgrund der geringen Anzahl rückimportierter polnischer Mutterschafe nahmen einige Züchter vor 20 Jahren zusätzlich hannoversche Leineschafe als Grundlage für die dann beginnende Verdrängungszucht mit polnischen Vatertieren zur Hilfe.

Bei einem gemeinsamen, von der GEH und den Zuchtverbänden organisierten, Treffen 1995 in Auterwitz bei Leipzig entschied man sich die neuen Leineschafzuchten, mit vorrangig polnischer Genetik, zunächst getrennt im Herdbuch zu führen unter dem Rasseschlüssel 29 als ‚Leineschaf im ursprünglichen Typ‘. Diese Systematik wurde in Sachsen und Thüringen bis zum Jahr 2016 beibehalten.

Wiederansiedlung des Leineschafes im südlichen Niedersachsen

Im Ursprungsgebiet des Leineschafes, dem Leinebergland, sind auf Initiative des Göttinger Landschaftspflegeverbandes seit 1998 Leineschafzuchten ganz neu aufgebaut worden. Aktuell halten hier 12  Züchter wieder etwa 850 Leineschaf-Herdbuchtiere.

Als Ausgangsbasis der Zuchten dienten vorrangig weibliche Thüringer Zuchttiere und einige sächsische und polnische Importböcke alle im ursprünglichen Landrassetyp. In Zusammenarbeit mit dem Landesschafzuchtverband Niedersachsen e.V., der für die Zuchtbuchführung auf Landesebene zuständig ist, wurden die Nachzuchten dieser Leineschafe von Anfang an in Niedersachsen zusammen mit den Leineschafen im Fleischschaftyp als eine Rasse im Herdbuch geführt. Diese Durchmischung der zwei Typen vom Leineschaf erfolgte in Deutschland z.T. auch in anderen Bundesländern und war der Anlass für ein bundesweites Züchtertreffen am 5. April 2016 in Relliehausen auf dem Versuchsgut der Universität Göttingen. Als Ergebnis dieser Tagung, insbesondere vor der Betrachtung und Beurteilung der genetischen Herkunft der aktuellen Population der Leineschafe (in 2019 bundesweit etwa 3.500 Zuchttiere), kam die Versammlung zu dem einstimmigen Beschluss der Zusammenführung der bisherigen zwei Typen des Leineschafes zu einem gemeinsamen Herdbuch unter der Rassegruppe der Landschafe mit einer neu verabschiedeten Zuchtzielbeschreibung (s. Rasse und Zuchtziele).

 

Literaturhinweis zur Historie der Leineschafe:

Von Hirten, Pfennigsuchern und Rippenbeißern – Schäferleben und Schafhaltung im Göttinger Land des 20. Jahrhunderts; 87 S. mit vielen Schw.-weiß Bildern, Preis 6,95 €

Bezug über unsere Geschäftsstelle  oder die  GEH - Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen

 

Leineschaf-Zuchtherde der Uni Gö in Dassel-Relliehausen

Leineschaf-Zuchtherde der Uni Gö in Dassel-Relliehausen